Die Rückkehr in den Arbeitsalltag nach einer längeren Krankheitsphase kann eine große Herausforderung darstellen. Oftmals ist es schwierig, den Wiedereinstieg direkt in vollem Umfang zu bewältigen und die Belastungsfähigkeit wiederherzustellen.
Das Hamburger Modell
Doch zum Glück gibt es Programme wie das Hamburger Modell (HH Modell SV) – innovative Methoden, die erkrankten Beschäftigten dabei helfen, schrittweise wieder ins Berufsleben zurückzufinden. Mit seinem ausgeklügelten Stufenplan ermöglicht das Hamburger Modell eine behutsame Wiedereingliederung und sorgt dafür, dass die Arbeitsfähigkeit nachhaltig erhalten bleibt.
Doch wie genau funktioniert dieses Modell? Welche gesetzlichen Grundlagen gibt es? Und welche Vorteile bietet es für Arbeitnehmer und Arbeitgeber?
In diesem Beitrag erklären wir dir alles Wichtige zum Thema Wiedereingliederung nach Krankheit nach dem Hamburger Modell und verraten dir, für wen es sich eignet und worauf in der Praxis zu achten ist.
Stufenweise Wiedereingliederung nach einer Krankheit: wichtig und richtig
Wenn ein Mensch aufgrund einer Krankheit längere Zeit nicht arbeiten kann, hat dies oftmals eine Vielzahl von Auswirkungen – körperlich, emotional und beruflich. Auf physischer Ebene können sich die gesundheitlichen Probleme verstärken oder sogar neue Herausforderungen entstehen. Der Verlust der gewohnten Arbeitsroutine und der sozialen Interaktionen kann zu Einsamkeit und Isolation führen. Die finanzielle Belastung und Unsicherheit können Stress und Sorgen verursachen.
Zusätzlich kann die fehlende berufliche Tätigkeit das Selbstwertgefühl und die Identität eines Menschen beeinflussen. Der Arbeitsplatz ist oft nicht nur ein Ort, an dem man Geld verdient, sondern auch ein Ort, an dem man sich entfalten, seine Fähigkeiten zeigen und Erfolge erleben kann. Das Fehlen dieser Erfahrungen kann zu Frustration und dem Gefühl der Nutzlosigkeit führen.
Eine längere Abwesenheit vom Arbeitsplatz kann auch das Vertrauen in die eigene Leistungsfähigkeit beeinträchtigen. Zweifel und Ängste bezüglich der eigenen Arbeitsfähigkeit können entstehen. Es ist wichtig zu beachten, dass diese Auswirkungen individuell unterschiedlich sein können und stark von der Art der Erkrankung, den persönlichen Umständen und der Unterstützung des sozialen Umfelds abhängen. Es ist daher von enormer Bedeutung, eine strukturierte Wiedereingliederung nach Krankheit anzustreben.
Wiedereingliederung: Was ist betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM)? Was ist unter betrieblichem Eingliederungsmanagement (BEM) zu verstehen?
Das betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) ist ein Instrument, das Unternehmen dabei unterstützt, Beschäftigte nach längerer Krankheit schrittweise wieder in den Arbeitsprozess zu integrieren. Es handelt sich um eine gesetzlich vorgeschriebene Maßnahme, die sowohl den Arbeitnehmenden als auch den Arbeitgebenden zugutekommt.
Das Ziel des BEM ist es, eine nachhaltige Rückkehr an den Arbeitsplatz zu ermöglichen und die Arbeitsfähigkeit der betroffenen Personen langfristig zu erhalten.
Was ist das Hamburger Modell? Und wozu dient der Stufenplan?
Das Hamburger Modell, auch als „stufenweise Wiedereingliederung“ bekannt, ist eine spezielle Form des betrieblichen Eingliederungsmanagements. Es wurde in Hamburg entwickelt und dient dazu, die Rückkehr von erkrankten Beschäftigten in das Arbeitsleben zu erleichtern. Der Stufenplan ist ein zentraler Bestandteil dieses Modells und teilt die Wiedereingliederung in mehrere Phasen.
HH Modell – individuelle und sinnvolle Wiedereingliederung in die Arbeitswelt
Die Wiedereingliederung nach Krankheit (wie nach dem Hamburger Modell) ergibt Sinn, weil sie einen strukturierten und behutsamen Weg bietet, erkrankte Beschäftigte schrittweise wieder in den Arbeitsprozess zurückzuführen. Statt sofort in den Arbeitsalltag einzusteigen, ermöglicht das Hamburger Modell eine individuelle Anpassung an die Leistungsfähigkeit des Betroffenen.
Der Stufenplan, der Kern des Hamburger Modells, berücksichtigt dabei die Bedürfnisse und Grenzen der erkrankten Person und ermöglicht so eine langsame Steigerung der Arbeitsbelastung. Dadurch wird nicht nur die physische und psychische Gesundheit geschützt, sondern auch die langfristige Arbeitsfähigkeit erhalten.
Das Hamburger Modell schafft somit eine Win-win-Situation: Arbeitnehmer haben einerseits die Chance, sich behutsam wieder an den Arbeitsplatz zu gewöhnen und ihre Leistungsfähigkeit aufzubauen, während Arbeitgeber andererseits von einer schnelleren und nachhaltigen Rückkehr des Beschäftigten profitieren.
Die Wiedereingliederung nach Krankheit nach dem Hamburger Modell bedeutet also, die Herausforderungen des Arbeitslebens in Abstimmung mit den individuellen Bedürfnissen anzugehen und langfristig ein gesundes und produktives Arbeitsumfeld zu schaffen.
Gibt es eine gesetzliche Grundlage für das Hamburger Modell?
Ja, das Hamburger Modell und das betriebliche Eingliederungsmanagement sind gesetzlich verankert. Gemäß §84 Abs. 2 des Sozialgesetzbuches IX SGB sind Arbeitgeber dazu verpflichtet, ein BEM anzubieten, sobald Beschäftigte innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen arbeitsunfähig sind.
Muss der Arbeitnehmende für das Hamburger Modell gesetzlich krankenversichert sein?
Ja, um das Hamburger Modell nutzen zu können, muss der Arbeitnehmende gesetzlich krankenversichert sein. Das bedeutet, dass die Krankenkasse in den Prozess der Wiedereingliederung einbezogen wird.
Wozu dient der Stufenplan?
Der Stufenplan im Hamburger Modell dient dazu, die Wiedereingliederung systematisch zu gestalten und die schrittweise Steigerung der Arbeitsbelastung zu ermöglichen. Er stellt sicher, dass die betroffene Person nicht überfordert wird und sich allmählich wieder an die Anforderungen des Arbeitsplatzes gewöhnen kann.
Was ist auf dem Stufenplan festgehalten?
Der Stufenplan hält die einzelnen Phasen der Wiedereingliederung fest. Er legt fest, wie die Arbeitszeit und die Tätigkeiten schrittweise erhöht werden und wie der Beschäftigte während dieser Phase begleitet wird. Der Plan wird in Zusammenarbeit zwischen dem behandelnden Arzt, dem Beschäftigten, dem Arbeitgebenden und gegebenenfalls der Krankenkasse erstellt.
Stufenplan-Beispiele: Hamburger Modell Theorie und Praxis
Der Stufenplan wird individuell auf die Bedürfnisse der Betroffenen abgestimmt und trägt dazu bei, die langfristige Arbeitsfähigkeit zu erhalten, und könnte in der Theorie zum Beispiel wie folgt aussehen:
1. Stufe: Reduzierte Arbeitszeit
In der ersten Stufe der Wiedereingliederung arbeitet der Beschäftigte nur eine reduzierte Arbeitszeit, um seine Belastbarkeit langsam zu steigern. Diese Phase kann beispielsweise zwei Wochen dauern.
2. Stufe: Erhöhung der Arbeitszeit
In der zweiten Stufe wird die Arbeitszeit schrittweise erhöht. Je nach individuellem Fortschritt können dies beispielsweise zwei Wochen mit einer halben Stundenerhöhung pro Woche oder je Tag sein.
3. Stufe: Vollständige Rückkehr
In der dritten Stufe kehrt der Beschäftigte vollständig an seinen Arbeitsplatz zurück. Die genaue Dauer dieser Phase hängt von der jeweiligen Situation ab und wird im individuellen Wiedereingliederungsplan festgelegt.
3 weitere Beispiele für die Umsetzung des Stufenplans könnten sich in der Praxis so gestalten:
Stufenplan-Beispiel 2:
Ein Arbeitnehmer war aufgrund einer schweren Erkrankung mehrere Monate arbeitsunfähig. Nachdem sein Gesundheitszustand sich stabilisiert hat, möchte er schrittweise wieder in den Arbeitsprozess einsteigen.
In Absprache mit seinem behandelnden Arzt, dem Arbeitgebenden und gegebenenfalls der Krankenkasse wird ein individueller Wiedereingliederungsplan erstellt. Der Stufenplan sieht vor, dass der Arbeitnehmer in der ersten Woche halbtags arbeitet, in der zweiten Woche drei Viertel der regulären Arbeitszeit und ab der dritten Woche wieder vollständig. Während der gesamten Wiedereingliederung wird der Arbeitnehmer eng begleitet und seine Arbeitsbelastung kontinuierlich angepasst.
Stufenplan-Beispiel 3:
Eine Arbeitnehmerin hat aufgrund eines Burn-outs längere Zeit arbeitsunfähig gefehlt. Um ihre Rückkehr in den Arbeitsprozess zu unterstützen, wird im Rahmen des Hamburger Modells ein individueller Wiedereingliederungsplan erstellt. Der Stufenplan sieht vor, dass die Arbeitnehmerin zunächst mit reduzierter Stundenzahl und angepassten Tätigkeiten beginnt.
In regelmäßigen Abständen werden die Arbeitszeiten und -aufgaben schrittweise erhöht, um die Belastung langsam zu steigern. Parallel dazu findet eine begleitende psychologische Betreuung statt, um die Arbeitnehmerin bei ihrer Genesung zu unterstützen.
Stufenplan-Beispiel 4:
Ein Arbeitnehmer hat nach einem Arbeitsunfall eine längere Krankheitsphase hinter sich. Im Rahmen des Hamburger Modells soll er wieder behutsam an seinen Arbeitsplatz zurückkehren. Der Stufenplan sieht vor, dass der Arbeitnehmer in der ersten Phase nur leichte Tätigkeiten ausführt, die seine körperliche Belastungsfähigkeit nicht überfordern. Die Arbeitszeit wird entsprechend reduziert.
In den folgenden Phasen wird die Arbeitszeit schrittweise erhöht und die Tätigkeiten werden an die Anforderungen des Arbeitsplatzes angepasst. Der Arbeitnehmer erhält dabei Unterstützung durch den Arbeitgebenden, der ihm eine sichere Arbeitsumgebung bietet und bei Bedarf ergonomische Hilfsmittel zur Verfügung stellt.
Wiedereingliederungsplan nach Krankheit
Wie lange kann eine Wiedereingliederung nach Krankheit dauern?
Die Dauer der Wiedereingliederung nach Krankheit kann je nach individueller Situation unterschiedlich sein. Sie kann von wenigen Wochen bis zu mehreren Monaten reichen. Es ist wichtig, dass die Rückkehr in den Arbeitsprozess behutsam erfolgt, um die langfristige Arbeitsfähigkeit der betroffenen Person zu gewährleisten.
BEM: Arbeiten trotz Arbeitsunfähigkeit?
Im Rahmen der stufenweisen Wiedereingliederung ist es möglich, dass Beschäftigte trotz bestehender Arbeitsunfähigkeit schrittweise wieder ihrer Tätigkeit nachgehen. Dies geschieht in Absprache mit dem behandelnden Arzt und im Rahmen des individuellen Wiedereingliederungsplans.
Wie wird die stufenweise Wiedereingliederung beantragt?
Die stufenweise Wiedereingliederung wird in der Regel vom behandelnden Arzt empfohlen und gemeinsam mit dem Beschäftigten und dem Arbeitgebenden geplant. In einigen Fällen kann auch die Krankenkasse in den Prozess einbezogen werden. Der Antrag auf stufenweise Wiedereingliederung erfolgt in der Regel schriftlich und sollte rechtzeitig vor Beginn der Maßnahme gestellt werden.
Gibt es eine gesetzliche Grundlage für das Hamburger Modell?
Das Hamburger Modell und die stufenweise Wiedereingliederung sind gesetzlich verankert. Die Grundlage dafür findet sich im Sozialgesetzbuch IX, § 74.
Kann die stufenweise Wiedereingliederung unterbrochen werden?
Ja, es ist möglich, die stufenweise Wiedereingliederung zu unterbrechen, wenn es aus medizinischer Sicht erforderlich ist. Eine Unterbrechung kann beispielsweise erfolgen, wenn der Beschäftigte gesundheitliche Probleme hat, die eine weitere Belastung am Arbeitsplatz vorerst nicht zulassen.
Gibt es einen Urlaubsanspruch während der stufenweisen Wiedereingliederung?
Beschäftigte haben tatsächlich auch während der stufenweisen Wiedereingliederung einen Urlaubsanspruch. Dieser kann entsprechend den Arbeitszeitregelungen und der individuellen Vereinbarungen zwischen Arbeitgebendem und Beschäftigtem genutzt werden.
Bekommen Arbeitnehmer in der Wiedereingliederung Gehalt?
Während der stufenweisen Wiedereingliederung nach BEM erhält der Beschäftigte in der Regel sein volles Gehalt, sofern keine anderen Vereinbarungen getroffen wurden. Bei längeren Krankheitszeiten kann jedoch eine Umstellung auf Krankengeld erfolgen, das von der Krankenkasse bezahlt wird. Es empfiehlt sich, das Krankengeld im Vorfeld mit der Krankenkasse und dem Arbeitgebenden zu klären.
Muss der Arbeitgebende die stufenweise Wiedereingliederung mitmachen?
Der Arbeitgeber ist gesetzlich dazu verpflichtet, die stufenweise Wiedereingliederung zu unterstützen und umzusetzen. Hierzu zählen die Zusammenarbeit bei der Erstellung des individuellen Wiedereingliederungsplans und die Bereitstellung entsprechender Arbeitsbedingungen.
Die wichtigsten Vorteile einer stufenweise Wiedereingliederung nach Krankheit
- Erhalt der Arbeitsfähigkeit der kranken Person
- Eine schrittweise Wiedereingliederung von Arbeitnehmern ermöglicht eine behutsame Rückkehr in den Arbeitsprozess
- Die Wiedereingliederung wird an die Bedürfnisse und Möglichkeiten des Betroffenen angepasst
- Ein individueller Wiedereingliederungsplan berücksichtigt gesundheitliche Einschränkungen und ermöglicht eine maßgeschneiderte Unterstützung
- Psychosoziale Stärkung von Arbeitnehmern
- Reduzierung von Arbeitsunfähigkeitstagen
- Erhalt des Arbeitsplatzes
- Prävention von Langzeitarbeitslosigkeit
HH Modell für eine individuelle Wiedereingliederung nach Krankheit
Das Hamburger Modell und die stufenweise Wiedereingliederung bieten erkrankten Beschäftigten die Möglichkeit, nach längerer Krankheit schrittweise wieder in den Arbeitsprozess zurückzukehren.
Durch den Stufenplan wird eine behutsame Steigerung der Belastung ermöglicht, um die langfristige Arbeitsfähigkeit zu erhalten. Sowohl Arbeitnehmende als auch Arbeitgebende profitieren von dieser Maßnahme, die gesetzlich verankert ist.
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Es ist wichtig, die individuellen Bedürfnisse und Voraussetzungen der Betroffenen zu berücksichtigen und eine gute Zusammenarbeit zwischen allen Beteiligten sicherzustellen, um eine erfolgreiche Wiedereingliederung zu gewährleisten.